Zauber der Tapeten

„Die Verführung“, 2011

Die Verführung Detail 1   Die Verführung   Die Verführung Detail 2

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Wandinstallation, Handschuhe gestrickt, 72 Stück
Merinowolle, Garn und Hautleim
In Zusammenarbeit mit Klaus Irrgang/Maschen-Studio Chemnitz


Seit 2003 arbeite ich daran, Tapeten als ein materielles Zeitzeugnis des Alltages in der DDR aufzuarbeiten und zu erhalten. Aus der Erinnerung heraus möchte ich aus dem „Was war gewesen?“ etwas Neueres und Anderes entstehen lassen.

Die Verführung Detail 3Die Vorläufer unserer heutigen Tapete gehen auf den Ursprung der Höhlenmalerei und auf die Felsbilder zurück. Ein Beispiel hierfür ist die Fundstätte „Cueva de las Manos“ („Die Höhle der Hände“) in Argentinien. Die Abdrücke von Händen an den Felswänden, die Jahrhunderte vor unserer Zeit (7.000 bis 1.000 vor Christus) entstanden sind, geben uns einen Einblick in das Leben vor unserer Zeit. Das was an den Wänden übermittelt wird, ist nicht nur stummer Begleiter, sondern ein Zeitzeugnis und ein Abbild unserer selbst.

Die Verführung Detail 4Einen Impuls zur Umsetzung der künstlerischen Arbeit „Die Verführung“ hatte ich durch die Umrisszeichnung einer Hand mit Kugelschreiber auf einer Tapete erhalten, die ich 2009 in der stillgelegten Garnison in Nohra/Thüringen entdeckte und als Abbild fotografisch dokumentieren konnte. Beides (Tapete und Umrisszeichnung einer linken Hand auf Tapete) sind Überbleibsel und Spuren vom Dagewesensein und Dasein verschiedener Generationen einer Kultur.

Der Vergleich der Malerei in der argentinischen Höhle mit der Zeichnung auf der fotografierten Tapete dokumentiert, wie ähnlich das Handeln der Menschheit im Gebrauch mit Dingen und im Verwenden mit Zeichen war und ist.

Die Verführung Detail 5Die Hand als Werkzeug des Menschen bzw. der Handabdruck werden in der Wandinstallation „Die Verführung“ durch den „Handschuh“ als beschwörendes Zeichen, als Form oder Symbol dargestellt. Wie die Tapete vermittelt der Handschuh einen hautähnlichen Charakter und steht im Gebrauch der Tapete mit ihren spezifischen Fähigkeiten des Verhüllens, des Schmückens, des Deckens und als wärmendes Objekt nahe. Nur mit dem Unterschied, dass der Handschuh als Hülle direkt auf der Haut des Menschen aufgezogen und die Tapete als eine Art räumlich getragene Hülle bzw. als Ableger des Menschen funktioniert und wahrgenommen wird.

Nicht zuletzt sollte das verwendete Ausgangsmaterial „Wolle“ für die Umsetzung der Handschuhe in ihrer Stofflichkeit auf den früheren Umgang und den Gebrauch von gewirkten Wandbehängen anspielen.

In der künstlerischen Arbeit „Die Verführung“ habe ich eines meiner ersten aus der DDR-Zeit stammenden Tapetenfundstücke benutzt, um es in unsere heutige Zeit zu überführen.

Die zuvor an der Wand hängende, wenig beachtete Tapete habe ich im Jahr 2003 in einem leerstehenden Haus in der Weimarer Innenstadt (Am Graben 41) aufgestöbert und in einem Musterbuch archiviert. Bis 2011 wurde sie darin in eine Art Ruhestand versetzt.

Um die Lebensspuren/Lebensjahre der gefundenen Tapete und ihrer Oberfläche zu reflektieren, wurde das Muster aufgenommen und auf der Oberfläche der Strickobjekte in Form von Handschuhen wiedergegeben.

Die Handschuhe kommunizieren miteinander, handeln einzeln oder auch als Gruppe untereinander. Sie befinden sich in Bewegung und wandern an der Wand entlang. Erzählen durch ihre stummen Gesten und dienen uns als Botschafter an der Wand.


Die Verführung Skizze 1 Die Verführung Skizze 2 Die Verführung Skizze 3 Die Verführung Skizze 4 

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Umsetzung:

Für die Umsetzung der Handschuhe wurden mehrere Meter des Stoffes maschinell per Strickmaschine hergestellt. Als Vorlage der Handschuhe dienten mir meine eigenen Hände. Die rechte bzw. die linke Hand wurde auf ein Stück Papier gelegt und mit einem Stift umrandet. Die entstandene Umrisszeichnung benutzte ich als Schablone, um diese auf den Stoff zu legen. Mit Nadeln wurde diese Schablone auf dem Stoff abgesteckt und die Form des Handschuhs herausgeschnitten.

Um die Handschuhe ins Plastische zu überführen, wurden je zwei Einzelteile zusammengenäht. Die einzelnen Handschuhe wurden auf zuvor modellierte Hände aus Bildhauerdraht aufgezogen und in unterschiedliche Formen gebracht. Die einzelnen Objekte sind danach in Hautleim getränkt und anschließend getrocknet worden.

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